ONTOM
Lizenzvertrag zu ONTOM
Nicht so bei Adib Fricke, der eingeladen wurde, den Ausstellungstitel zu schaffen. Seit mehreren Jahren (er)findet er sogenannte ‚Protonyme‘. Seine Firma „The Word Company“ ist für den Handel und Verkauf dieser Wörter zuständig. Fricke versteht seine Wortschöpfungen als Produkte, die er folgerichtig wie reale Gebrauchsgüter vermarktet, distribuiert und verkauft. Das Protonym – ein künstliches Wort das per se inhaltslos, weil referenzlos ist – wird für eine begrenzte Zeit durch den Gebrauch als Ausstellungstitel inhaltlich „aufgeladen“ und kann, nach dem Erlöschen der Lizenz und bei etwaigem Erwerb durch eine dritte Person, eine inhaltliche Umdeutung erfahren. ...
Zeitgenössische Kunstpraxis, wie sie in o vertreten ist, kennzeichnet sich weniger durch ein Transzendieren von Wirklichkeit als vielmehr durch das Adaptieren von Realität. Das Vorgefundene und gesellschaftlich Produzierte genießt einen Vorzug gegenüber subjektiver Willkür und Erfindung, wie sie bei traditioneller Kunst zu finden ist. Diese Form der Adaption kennzeichnet eine Strategie, Gegenstände, Handlungsformen und Kommunikationspraktiken aus dem Alltag als eine Art Hilfsmittel zu verstehen, die benutzt werden, um Werke und Situationen zu schaffen. ...
Während der Eröffnung flog ein Modellflugzeug über den Köpfen der Besucher und schrieb den Ausstellungstitel in den Himmel [ein Projekt von Eric Schumachers und Andrea Clavadetscher]. Als eine weithin sichtbare Zeichnung war das Wort nur für die Vernissage-Gäste verständlich. Der Himmelsschreiber übersetzte das ephemere und vergängliche Moment der Ausstellung auf sinnliche Weise: Ehe der letzte Buchstabe geschrieben war, hatte sich der erste bereits verflüchtigt.«
—Jan Winkelmann, Kurator der Ausstellung ONTOM, Auszug aus Katalog-Einführung, Leipzig 1998