Acht Bücher
Acht Bücher mit je einem SUPERWORD als Titel
Ausstellungsbeitrag für »Public Library«, Amerika Gedenkbibliothek, Berlin 2016Acht Bücher
Bücher, die druckfrisch Einzug in die Bibliotheken halten, werden den neugierigen Lesern erst einmal entzogen. Sie werden verschlagwortet und katalogisiert und manchmal in der Buchbinderei auch gleich mit neuem Einband versehen: mit einem synthetischen, abwaschbaren Material, das Bibliotheksleinen genannt wird. Die Bücher erhalten einen Barcode und einen RFID-Transponder, um sie an den ihnen zugedachten Platz innerhalb der Deweyschen Dezimalklassifikation – DDC, das international häufigste Ordnungssystem für Bibliotheksbestände – zu platzieren. Und um ihnen das unverbuchte Abhandenkommen aus dem öffentlichen Raum Bibliothek zu erschweren.
Mit diesen Parametern beschäftigt sich Adib Fricke, der als Künstler acht Bücher für die Bibliothek entwickelt, die eigentlich nur phänomenologisch in das Modell Buch passen, und sie anlässlich der Ausstellung von einem Buchbinder der ZLB herstellen lässt.
Die Titel der Bücher erinnern an Worte wie Mutabor, von denen wir glauben, sie schon mal gehört zu haben. Sie sind uns fremd und kommen uns zugleich vertraut vor. Fricke spielt mit Wörtern und vertauscht in seinen neuen Arbeiten "Superwords" die Buchstaben. Und genau wie das Zauberwort in dem Märchen "Kalif Storch" von Wilhelm Hauff ein "Ich werde verwandelt werden" suggeriert, sind auch diese Bücher einer seltsamen Metamorphose unterzogen. Von außen sind sie deutlich als Buch erkennbar, im Hochformat sind der Name des Autors und der Titel silbern in den Buchdeckel geprägt: z.B. Adib Fricke, HEZRSCLAHG. Unter dem blauen Buchdeckel befindet sich ein fadengehefteter Buchblock aus chamois-farbenem Papier, dessen Seiten unbedruckt sind – ein Blindband. Lediglich der Innentitel, der klassisch dem Schmutztitel folgt, ist wie beim Bleisatz schwarz mit halbfetten Buchstaben bedruckt und nennt nochmals Adib Fricke, HEZRSCLAHG.
Diese Wörter stehen auch für unsere kognitive Fähigkeit, dass unser Gehirn falsch geschriebene Worte automatisch in richtige "verwandelt", was selbst bei mehreren Buchstabendrehern noch der Fall ist. Sogar bei der Katalogisierung der acht Bücher, als konzeptioneller Bestandteil des Projektes, wurden die Titel zum Teil von den Bibliothekaren fälschlicherweise richtig geschrieben.
Die acht Bücher liegen während der Ausstellung offen aus. Sie sind in den Bestand der ZLB und damit auch in den OPAC, den Online Public Access Catalogue, mit aufgenommen und stehen nach der Ausstellung entsprechend ihrer Systematisierung in den Regalen im Lesesaal der AGB.
–Katharina Hohmann, Ausstellungskatalog »Public Library«