Das Lächeln des
Leonardo da Vinci
Das Lächeln des Leonardo da Vinci
Installation für zwei Rechner
The Artists Beautiful Language, Galerie Anselm Dreher, Berlin 1992
Die Orte der Kunst, Sprengel Museum, Hannover 1994
»Mir wurde gekündigt, weil ich der Meinung bin, dass Kunst im Grunde sinnlos ist.«, »Meine Recherchen haben ergeben, dass Joseph Beuys doch nicht so gut war.«, »Wenn Sie sich als Kunstkenner ausgeben wollen, erzählen Sie ruhig, dass die Telefonbilder von Moholy-Nagy latent auch erotische Probleme thematisieren.«, »Ist es wahr, dass Marcel Duchamp an seinen Fingernägeln kaute?«, »Fein, dass Daniel Buren vom Marketing viel Ahnung hat.«, »Irgendwie glaube ich, dass Fontainbleau gerne Bouillabaisse aß.«, »Schon meine Großmutter hat immer gesagt, dass Emil Nolde über die immanente Wahrheit seiner eigenen Bilder gestolpert sei.« ...
»Das Lächeln des Leonardo da Vinci«, entstanden 1989, konnte in der ersten Fassung ca. 7 Millionen deutschsprachige Sätze zur bildenden Kunst zufällig erzeugen. Die zweite Fassung des Zufallsgenerators (1990–91), produzierte jeweils ca. 30 Millionen deutsch- oder englischsprachige Kommentare non-stop. Als Installation für zwei Rechner wurde »Das Lächeln ...« ausgestellt und war zugleich als Diskettenversion für die heimische Satzproduktion erhältlich.
»Das Betriebssystem Kunst wird zu wesentlichen Teilen durch Kommunikation aufrechterhalten. Diese Kommunikation besteht einerseits aus dem Austausch von Bildern, Werten und Objekten, andererseits aus dem interpersonalen Gespräch. Gerade hier begegnen sich unterschiedlichste Interessengruppen wie der Künstler, das Publikum, der Sponsor, der Galerist, der Museumsmann, der Käufer, der Auktionator, der Fan. Die Aufzählung ist nicht vollständig. Ebensowenig können die Themen wiedergegeben werden, die in solchen Gesprächen angeschnitten werden. Adib Frickes Computerprogramm "Das Lächeln des Leonardo da Vinci" versucht eine spezifische Ebene des Sprechens über Kunst abzubilden. Ausgangspunkt ist eine endliche Menge von Satzteilen, die über einen Zufallsgenerator zu vollständigen Sätzen zusammengesetzt werden. Version 2.0 verspricht circa 30 Millionen unterschiedliche Sätze zur bildenden Kunst. Was entsteht, sind Feststellungen, Bemerkungen und vor allem Meinungen, in denen sich das öffentliche Bild der Kunst wiederfinden lassen kann. Es ist Smalltalk, der das System trägt und von ihm getragen wird. Das Programm von Adib Fricke bietet sozusagen eine modellhafteVersion unterschiedlicher Gesprächssituationen, indem es auch die unterschiedlichen Bevölkerungsschichten einbeschliesst.
Als Ausstellungssituation, zum ersten Mal in der Galerie Anselm Dreher (Berlin 1991) gezeigt, findet allerdings ein Gespräch zwischen zwei Computermonitoren statt, zwischen die der Besucher tritt. Der Small talk hat sich verselbständigt, und das wird auch durch die Diskette deutlich, die käuflich erworben werden kann (Edition Fricke & Schmid). Allerdings kann der Benutzer in diesem Falle so weit in das Programm eingreifen, daß er den Ablauf selber steuert und ihm Zeit bleibt, zum Beispiel über den Satz "Mir wurde gekündigt, weil ich der Meinung bin, daß moderne Kunst im Grunde sinnlos ist" zu reflektieren.
Andere Arbeiten von Adib Fricke situieren sich nur bedingt im Umfeld des Betriebssystems Kunst als Kunst. So fertigte er 1988 "30 Werbetafeln in eigener Sache" mit dem Titel "AdibProp" an. Das Werk des Künstlers ist vor allem sprachlich orientiert, so daß die Arbeit "Das Lächeln des Leonardo da Vinci" sich nicht als Fremdkörper innerhalb des Gesamtwerkes sehen lässt.«
–Thomas Wulffen, Auszug aus “Betriebssystem Kunst – Eine Retrospektive”, Kunstforum Bd. 125, Seite 102ff., Köln 1994