Adib Fricke

Keywords make the world go round

Suchbegriffe, die Besucher auf die Webseite von The Word Company führten

Welche Worte der Abfrage »difference michelangelo's painting and leonardo da vini« führten zu The Word Company? Was war der wegweisende Schlüssel in den Suchanfragen »berlin biennale für zeitgenössische kunst« oder »kopenhagen sex«? Wie weit können die Maschinen den Wortstamm der Abfragen reduzieren? Was für Unterschiede gibt es in den Algorithmen für die Ermittlung des Wesentlichen? Solange die Informationen formale Symbole bleiben, gibt es nichts weiter zu befürchten. Erkennen und Interpretieren von Fehlleistungen bleibt menschliche Stärke. Die Maschine ist herrlich dumm, auch die globale.

Die Liste der eingegebenen Suchbegriffe, »Neologismus« und »Leonardo da Vinci« waren die Favoriten, wurde mit der Web-Site neu verlinkt und wiederum als Datei bei Suchmaschinen angemeldet. Wann erfahren wir mehr als das, was wir schon kennen? Werden die Marktführer durch ihre Marktführerschaft, die Toplisten durch ihr topsein immer wieder bestätigt? Im Zustand unendlicher Rekursion, wenn Suchmaschinen und Webseiten schließlich gemeinsam auf sich selbst verweisen, verlassen wir das Netz mit dem Wissen, das einfach all das da ist, was da ist. Was wäre wohl die letzte Webseite, die aufgerufen werden kann? »Der Berg ruft«, ein Filmtitel, der fast geflügeltes Wort ist, umgedreht gedacht: Dem Echo ist es egal, was es zurückwirft.

In Indien wurden Papageien für den Wahlkampf eingesetzt. Ornithologen brachten ihnen Slogans zusammen mit den Namen der zu wählenden Kandidaten bei, ein Medium für ländliche Regionen mit vielen Analphabeten. Im Refugium der Kunst imitierte Louise Lawler das Rufen der Vögel 1972. In »Bird Calls« spielt sie selbst Papagei und Ente und ruft die Vornamen männlicher Künstlerkollegen, krächzt »Joseph«, plappert »Gilbert« und schnattert »George«, immer dann wenn auf dem zur Arbeit gehörenden Plakat ein Künstlername rot gedruckt ist.

Mitte der sechziger Jahre ließ die Restaurantkette Wienerwald künstliche Papageien als Werbemittel entwickeln. Ein batteriebetriebener Miniatur-Plattenspieler im Inneren sollte verkünden, warum die Küche heute kalt bleibe – die zentrale Werbebotschaft der Hähnchenbraterei. Doch als die mechanischen Tiere fertig waren, wollte der Hähnchenkönig Friedrich Jahn nicht mehr. Und auch auf späteren Erfindermessen interessierte sich niemand weiter dafür, solange bis Walter Thiele, der Erfinder, das Gerät alleine in einen Strumpf packte und als Imago seiner Frustration groß »Lachsack« draufschrieb. Bis heute wurden davon mehr als 120 Millionen Stück verkauft.

The Jakes Ladder Theatre Company in London wollte einen Papagei in einem Theaterstück für Kinder mitspielen lassen. Auf der Schulter eines der Protagonisten sitzend verliefen die Proben zu »Die Piraten auf der Schatzinsel« reibungslos. Percy sprach den Text, den er sprechen sollte. Zu späterem Zeitpunkt jedoch hatte er das zuvor Gelernte ersetzt, woher auch immer das Wissen gekommen sein mag. Weil er plötzlich »Verpiss Dich Kumpel« und »Zieh Leine« rief, durfte er nicht weiter auf der Bühne auftreten. Kindern sei diese Ausdrucksweise nicht zuzumuten, was übrigens gegenwärtig überall ein beliebtes Zensurargument ist.

In der ecuadorianischen Hafenstadt Guayaquil wurde ein Papagei zum Sprecher des Bürgermeisters ernannt. Jaime Nebot begründete seine Wahl laut Süddeutscher Zeitung damit, dass es Menschen gäbe, die nichts täten und nur redeten und wenn sie redeten, nichts sagten. So sei der Papagei die Idealbesetzung, um Zeit raubende Auseinandersetzungen mit Kritikern zu ersparen.

Denke dir abschließend als künstlerische Arbeit einen Papagei, der in einer Ausstellung auf einer Stange sitzend Wörter von The Word Company spricht. Was geschieht mit ihm nach der Ausstellung? Wird er lebend Platz in einem Museum finden? Oder wird ihn ein zoologischer Garten als Kunstwerk erwerben und in die Halle eines zentralen Gebäudes stellen? Wird mit dem Tod des Papageies das Kunstwerk verschwinden? Oder gibt es eine Partitur, sprich: Anleitung, die zum Trainieren von Jungvögeln verwendet wird? Denke dir ein Konzert mit drei Papageien.

 

Die Liste mit Suchbegriffen ist nicht weiter bereitgestellt. Die Beschäftigung damit führte zu den Arbeiten Marmelade aus Mexiko und Wörter mit doppelt r.
© 1999 Adib Fricke.